„unbegleitete Minderjährige“ - unsere Position

Flüchtlinge in der Berufsausbildung bei der KJF
1. September 2015

Wir heißen Flüchtlinge willkommen.

Schon vor über hundert Jahren hat die KJF sich für Menschen in Not engagiert. Auch heute sind insbesondere junge Menschen von Leid betroffen: Es ist unser Anliegen, die Individualität jedes Einzelnen zu fördern und Wege zu suchen, das Leben selbstbestimmt, sinnerfüllt und verantwortlich zu gestalten. Wir folgen dem Prinzip der Nächstenliebe: Unser Denken und Handeln fußt auf christlichen Werten. Für uns ist jeder Mensch wertvoll, unabhängig von Herkunft, Status, Religion oder Kulturkreis.

Wir kümmern uns persönlich.

Das Wohl von Kindern und Jugendlichen liegt uns wie auch dem Staat am Herzen. Unbegleitete Minderjährige haben die gleichen Rechte: Im Rahmen der Jugendhilfe betreuen wir sie daher nicht in großen Gemeinschaftsunterkünften, sondern im System der Jugendhilfe-Einrichtungen. Sie bekommen einen Vormund sowie eine pädagogisch-therapeutisch begleitete Unterbringung. Außerdem eröffnen wir ihnen den Zugang zu unserer Kultur durch Sprachförderung sowie gemeinsame Aktionen, um Deutschland kennenzulernen. Ziel ist es, ihnen ein Stück Heimat zu schenken. Unsere Stärke liegt vor allem auch darin, dass wir einen Übergang in Ausbildung im Fokus haben und ermöglichen. Unser Anspruch ist, dass die unbegleiteten Minderjährigen gut ankommen, gut da sind und gut in unsere Gesellschaft integriert werden.

Wir vermitteln ein Gefühl von Sicherheit.

Die traumatischen Erfahrungen der jungen Flüchtlinge stehen bei unserer Begleitung besonders im Fokus – viele haben nicht nur ihre Angehörigen verloren und sind allein in Deutschland, sondern sie haben auch Schreckliches und Unbeschreibliches auf ihrer Flucht erleben müssen. Deswegen arbeiten unsere Mitarbeiter sehr sensibel. Wir wollen schon bei der Ankunft in unseren Einrichtungen ein Gefühl der Sicherheit vermitteln. Dazu gehört für uns auch, junge Flüchtlinge nicht ihrer neuen Heimat zu entreißen: Wir haben Verständnis für Kommunen, in denen unbegleitete Minderjährige ankommen und wegen der Vielzahl der Fälle verteilt werden müssen. Diese notwendige Verteilung darf nicht nur Quoten folgen, sondern muss auch das Prinzip des Wohls der unbegleiteten Minderjährigen berücksichtigen. Dazu gehört die Berücksichtigung des einzelnen Schicksals der Kinder und Jugendlichen. Die Jugendhilfe sieht zudem vor, dass ein betreuter Jugendlicher auch nach Eintritt ins Erwachsenenalter nicht aus einer Maßnahme automatisch entlassen wird. Diese Hilfen für junge Erwachsene sollen auch für Flüchtlinge gelten, bis Stabilität, Sicherheit sowie eine gewisse Perspektive gewährleistet sind.

Wir wollen den Jugendlichen berufliche Perspektiven öffnen.

Wir wollen den jungen Flüchtlingen nicht nur eine gute Betreuung oder sprachliche und kulturelle Ausbildung bieten. Wir begleiten sie in ihrer Situation und nehmen sie an. Für den Integrationsprozess bedeutend ist aus unserer Sicht auch eine berufliche Orientierung, Qualifizierung und Ausbildung. Hierfür ist im Moment jedoch der gesetzliche Rahmen zu eng gefasst. Wir wünschen uns mehr Flexibilität im Zusammenspiel zwischen Jugendhilfe, Arbeitsagenturen und Berufsbildungswerken sowie Ausbildungsstätten. Den jungen Menschen soll der Zugang gewährt werden. Zugleich benötigen wir dazu qualifiziertes Fachpersonal, insbesondere auch bei den Lehrkräften. Langwierige Antragsverfahren müssen gekürzt werden, damit weder die jungen Flüchtlinge noch unsere Volkwirtschaft Zeit verlieren, wenn es um die Gewinnung und Ausbildung von hoch motivierten, sehr engagierten angehenden Fachkräften geht.

Wir qualifizieren und stärken unsere Mitarbeiter.

Neue Arbeitsplätze für Pädagogen, Erzieher, Lehrkräfte, Ausbilder und viele mehr entstehen, wenn wir uns der unbegleiteten Minderjährigen annehmen. Sie benötigen intensive Begleitung, Betreuung sowie Ausbildung. Dafür stärken wir unsere eigenen Mitarbeiter durch Angebote der KJF-Akademie, um sie auf die speziellen Anforderungen hin zu qualifizieren; dabei geht es insbesondere auch um Traumapädagogik oder Kultursensibilität. Am Ende zählt vor allem Persönlichkeit: Unsere Mitarbeiter müssen die ihnen anvertrauten Menschen mögen, um erfolgreich mit den unbegleiteten Minderjährigen an einer Perspektive zu arbeiten.

Auch unsere anderen Kinder und Jugendlichen profitieren von den Flüchtlingen.

Unsere KJF-Einrichtungen erleben die Ankunft der unbegleiteten Minderjährigen als Bereicherung: Der Austausch über Grenzen hinweg wird ermöglicht, gemeinsame Erfahrungen werden gesammelt. Die jungen Menschen motivieren sich gegenseitig, gerade in der schulischen und beruflichen Ausbildung. Mitarbeiter können ihre Expertise vielfach einbringen. Die zusätzlichen Angebote für unbegleitete Minderjährige können von allen in Anspruch genommen werden, für die es pädagogisch sinnvoll ist.

Wir gehen mit Freude und Begeisterung für die Menschen unsere Aufgaben an, um Mut zum Leben zu stiften. Dabei vertraut die Katholische Jugendfürsorge auf Jesu Wort und Handeln: „Ich bin gekommen, damit die Menschen das Leben haben und es in Fülle haben.“ (nach Johannes 10,10)

Augsburg, im September 2015
Direktor Markus Mayer, Vorstandsvorsitzender